None of us is as smart as all of us.

Ken Blanchard

Was ist ein Team? Laut Duden ist ein Team entweder „eine Gruppe von Personen, die gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten“ oder im sportlichen Kontext „eine Mannschaft“.

Bereits in diesen zwei Definitionen werden unterschiedliche Sichtweisen auf den Teambegriff deutlich. Beide deuten darauf hin, dass in einem Team mehrere Personen gemeinsam etwas tun. Wird im ersten Fall ohne ein klar benanntes Ziel und ohne offizielle Teamrollen an irgendetwas gearbeitet, so ist im zweiten Fall das Ziel klar, nämlich gewinnen, und es gibt eine ganz klare Rangordnung und Aufgabenteilung innerhalb des Teams. Das Sportteam wird von einem Chef, Captain oder Coach geführt, während die Arbeitsgruppe nicht zwingend eine konkrete Führungsperson braucht. Bei den Sportteams weist der Begriff „Mannschaft“ zudem darauf hin, dass sich diese ursprünglich aus männlichen Mitgliedern zusammengesetzt haben.

Geschlechtsspezifische Unterschiede des Zusammenkommens und -tuns lassen sich schon bei Kindergruppen beobachten: Knaben schliessen sich häufig in grösseren Gruppen zusammen und machen dann gemeinsam irgendetwas Körperliches, typischerweise Fussball spielen, während Mädchen meist in kleineren Grüppchen, zu zweit oder zu dritt, anzutreffen sind und häufiger reden, reflektieren oder Rollenspiele machen. Der Teamgedanke des Sportteams ist daher sozialisationsbedingt eher etwas Männliches und wird so auch von Männern unbewusst und ungeprüft auf andere Teamsituationen in der späteren Arbeitswelt übertragen, während die Idee eines gleichberechtigten, reflexiven Teams besser zu den Mädchenspielen passt.

Männer- und Frauenteams unterscheiden sich grundlegend – meistens leider unbewusst.

Die am stärksten hierarchisch durchstrukturierten Teams, sogenannte high-reliability organizations, wie sie beispielsweise im Militär, in der Luftfahrt, in der Feuerwehr oder im Operationssaal anzutreffen sind, entsprechen denn auch am ehesten einer männlichen Teamvorstellung.

Netzwerkartige Arbeitsteams, wie sie die Beraterwelt gern beschreibt und in begleiteten Teamprozessen fördern möchte, und wie sie auch die meisten Frauen vorziehen, meinen eine andere Form von Team. Hier wird unter Team etwas Egalitäres verstanden, eine Gruppe, in der alle möglichst gleich viel beizutragen und zu sagen haben. Diese Teamvorstellung, oder beinahe schon Teamideologie, ist eine ganz andere als die der „Einsatztruppe“. In beiden Teamformen stehen dennoch Zusammengehörigkeit und gegenseitige Unterstützung zuoberst.

Frauen haben auf Grund ihrer Sozialisation in Mädchengruppen nun aber eher die Tendenz, sich unter einem Team eine horizontale Netzwerkform vorzustellen, in der alle allen zuhören, alle möglichst gleich viel zu sagen haben und jede ihre Meinung offen äussern darf.

Im Männerteam hingegen heisst Teamarbeit zunächst unbestrittene Unterordnung unter den Leiter und bedingungslose Loyalität zur Gruppe, was gerade das Äussern der eigenen Meinung oder gar den offenen Widerspruch nicht meint! Hier wird an einem Strick gezogen, um gemeinsam erfolgreicher als andere Teams zu sein, also um zu gewinnen. Diese unterschiedlichen und in der Regel auch unreflektierten Auffassungen von Team und „Teamgeist“ führen nun dazu, dass sich Frauen oft darüber beklagen, Männer würden sich bei ihren Chefs „einschleimen“, während Männer Frauen, die offen alles hinterfragen und widersprechen, mangelnden Esprit de Corps vorwerfen.

Erfolgreiche Teams entsprechen also weder dem stereotypisch weiblichen noch dem stereotypisch männlichen Teambild.

Die jeweiligen Vorteile der beiden Teamformen werden zu Nachteilen, wenn sie ins Extrem kippen. Egalitäre Teams in ihrer Extremform, die sich vor allem durch Harmoniebedürftigkeit und Gleichmacherei auszeichnen, können keine hohe Leistung erbringen, da die Unterschiedlichkeit der Stärken und Exzellenz der einzelnen Mitglieder nicht betont werden darf und individuelle Erfolge nicht hervorgehoben und somit auch nicht gegenseitig gefördert werden können. Gleichmacherei um des Teamfriedens willen bremst den Teamerfolg. Sport- oder Militärteams hingegen sind in ihrer extremsten Ausprägung, in der Widerspruch nicht geduldet werden darf, ebenfalls keine erfolgreichen Teams, weil die bedingungslose Unterwerfung ihrer Mitglieder unter die jeweils Ranghöheren blinde Flecken fördert und eine wirkliche Fehlerkultur behindert. Grössere Unfälle in der Luftfahrt oder bei chirurgischen Eingriffen lassen sich denn auch häufiger auf kommunikative Lücken als auf technische Schwierigkeiten zurückführen.

Erfolgreiche Teams entsprechen also weder dem stereotypisch weiblichen noch dem stereotypisch männlichen Teambild, sondern sind eine gute Mischung der beiden. Klare Strukturen und Regeln, Identifikation und Loyalität gegenüber der Gruppe und Anerkennen von Spitzenleistung Einzelner gepaart mit offener Kommunikation und einer angstfreien Kultur wären somit die wichtigsten Merkmale von erfolgreichen Teams. Daraus folgt, dass alle, ob Männer, Frauen und vor allem Organisationen, einen grossen Nutzen daraus ziehen können, wenn sie ihre Teambegriffe und ihre Vorstellung von Teamarbeit reflektieren und miteinander klären, wie sie ihre Teams aufbauen und welche Kultur sie darin leben möchten.

Und dabei auch bereit sind, von allenfalls polarisierten Positionen wegzukommen. Wie eine McKinsey-Studie 2015 aufzeigte, sind zudem diejenigen Firmen erfolgreicher, die eine grössere Diversität in ihren Führungsgremien aufweisen. Ihre Performance ist 15 % höher bei geschlechtergemischten Leitungsteams und 35 % bei kultureller und ethnischer Diversität.